Wiederherstellung des ursprünglichen Denkmals
Brief der Überlebenden an den Arbeitskreis
Übersetzung aus dem Russischen 28.07.2004
Betr: Obelisken auf dem Sowjetischen Soldatenfriedhof in Stukenbrock
Sehr geehrter Herr Höner,
am 2. April 2005, vor genau 60 Jahren, wurde das Stalag 326 VI - K, deren Gefangene wir waren, von amerikanischen Truppen befreit.
Unmittelbar nach der Befreiung begannen unsere Kameraden mit der Gestaltung des Friedhofs, auf dem 65. 000 unserer Kameraden in Massengräbern ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Nach einer Zeichnung der ehemaligen Gefangenen AA.Mordanj, W.F.Chopersky und N.F.Smimow entstand in der Zeit vom 7. - 30. April auf dem Friedhof zum Gedenken an unsere toten Kameraden ein Obelisk, auf dessen Spitze eine Glasplastik befestigt wurde, die unsere damalige Staatsfahne der UdSSR darstellte.
Wir wissen, dass der Friedhof wie auch der Obelisk vor allem in der Zeit des kalten Krieges Gegenstand von für uns unbegreiflichen Auseinandersetzungen war. Diese gipfelten darin, dass in Verantwortung der damaligen Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, nachdem es durch Intervention der Sowjetischen Militärmission bei der britischen Rheinarmee der örtlichen Behörden nicht gelungen war, den Obelisken abzureissen, die Glasplastik auf dem Obelisken durch ein Orthodoxes Kreuz ersetzt wurde.
Man mag zu den Symbolen stehen, wie man will. Man sollte aber respektieren, dass im Lager Stukenbrock Menschen der verschiedensten Religionen und politischen Meinungen Opfer des menschenverachtenden Regimes der Nazis wurden. Sie lassen sich nicht unter dem Symbol eines Kreuzes vereinigen. Sie alle aber waren Bürger der UdSSR und ihr gemeinsames Staatssymbol war nun einmal die rote Fahne mit Hammer und Sichel. Dieses Symbol wurde von den Überlebenden des Lagers für den Obelisken gewählt und auch von den damals zuständigen allierten Behörden genehmigt.
Für uns war die Entfernung dieses Staatssymbols vom Obelisken ein unsere Gefühle zutiefst verletzender Akt. Es ist für uns nicht verständlich, dass historische Denkmale ummodernisiert werden. Das Symbol auf dem Obelisken hatte uns so wie viele Millionen Soldaten und Offizieren der Roten Armee im Grossen Vaterländischen Krieg 1941-1945 gegen den Hitlerfaschismus ermutigt.
Wir meinen, dass im Zuge der weiteren positiven Entwicklung der Beziehungen zwischen unseren Ländern die Wiederherstellung des ursprünglichen Bildes des Obelisken, das die Denkweise der Gefangenen des faschistischen Stalags 326 verkörperte, eine gute Tat im Rahmen der Feierlichkeiten anlässlich des 60. Jahrestages der Beendigung des Krieges im Mai 2005 wäre. Wir als Überlebende des Stalag 326 VI - K bitten Sie, in umserem Namen bei den zuständigen Behörden Ihres Landes tätig zu werden, um eine Wiederherstellung des Obelisken in seiner von uns geschaffenen und gewollten Form zu erreichen. Der 2. April 2005 sollte ein weiteres Zeichen dafür setzen, dass unsere Völker aus der Vergangenheit gelernt haben. Wir bedanken uns für Ihre Bemühungen. Mit freundschaftlichen,Grüssen
Orlow Dmitri Pawlowitsch, geboren am 07.05,1908
Proesd Dosflota, 3-221,125364 Moskau
beteiligte sich an der Schaffung des Projektes und am Bau des Obelisken,
Kotscheulow Wassili Michailowitsch geboren am 16.01,1914
Chersonskaja, 2 - 26,117246 Moskau
Rodinkow Valentin Aleksandrowitsch, geborem am 06,07,1909
die achte Textilschtikow Strasse l - 39,109129 Moskau
Übersetzt von Valentina Popova
Deutschprofessorin
Brief an den Innenminister Behrens
10.08.2004
Betr. Sowjetischer Soldatenfriedhof in Stukenbrock
Sehr geehrter Herr Minister,
am 2. April 1945 wurden die Gefangenen des Stalag 326 VI/K in Stukenbrock durch die an diesem Tage einrückenden amerikanischen Truppen befreit. Im kommenden Jahr begehen wir den 60. Jahrestag der Befreiung. Es ist unsererseits geplant, in Anwesenheit von Überlebenden dort eine Gedenkfeier durchzuführen.
In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass der Kalte Krieg in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhundert nicht spurlos an dem von Überlebeden des Stalag errichteten Sowjetischen Soldatenfriedhof vorübergegangen ist. Schon 1956 gab es auf lokaler Ebene die Absicht, das auf dem Gräberfeld von Überlebenden errichtete Denkmal abzureißen. Ja, man hatte bereits damit begonnen, die Sterne vom Denkmal und auch die auf der Spitze des Denkmals befindliche Glasplastik mit dem Staatsymbol der UdSSR mit Hammer und Sichel abzumontieren und an seine Stelle ein Orthodoxes Kreuz zu setzen. Auf Intervention der Sowjetischen Militärmission und den zuständigen britischen Dienststellen musste dieser Akt abgebrochen werden mit dem Ergebnis, dass die Inschriften und die Embleme am Denkmal wieder angebracht wurden Die Glasplastik auf der Spitze des Denkmals wurde jedoch nicht wieder angebracht.
In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Forderungen von Initiativen der verschiedensten Gruppen und Organisationen, den inzwischen unter Denkmalschutz stehenden Obelisken wieder so herzustellen, wie ihn die Überlebenden errichtet und als Mahnmal für die Zukunft erhalten wissen wollten.
Bedauerlicherweise konnte man sich bis heute nicht entschließen, diesen Akt des Kalten Krieges rückgängig zu machen. Die Beziehungen zwischen unseren Ländern haben sich inzwischen weitestgehend normalisiert. Für uns ist nicht nachvollziehbar, weshalb diese Normalisierung um den Sowjetischen Soldatenfriedhof in Stukenbrock einen Bogen machen soll.
Im Frühjahr dieses Jahres ergriffen wir erneut die Initiative und beantragten bei zuständigen Denkmalschutzamt der Bezirksregierung in Detmold die Wiederherstellung des Denkmals in seiner ursprünglichen Form. Am 12.Mai 2004 erfolgte von dort erneut eine Ablehnung, die vor allem bei den Überlebenden in den Nachfolgestaaten der UdSSR auf Unverständnis und Protest stieß, (siehe Anlage)
Vor wenigen Tagen erreichte uns der von Überlebenden des Lagers unterzeichnete beiliegende Brief, in dem wir von ihnen aufgefordert wurden, in ihrem Namen bei den zuständigen Behörden tätig zu werden, damit bis zum 2, April 2005 der Obelisk wieder so hergestellt wird, wie ihn die Überlebenden in Erinnerung haben. Wir teilen die Meinung der Überlebenden, dass zum 2. April 2005 damit ein weiteres Zeichen dafür gesetzt werden sollte, dass unsere Völker aus der Vergangenheit gelernt haben. Wir bitten Sie als zuständigen Minister, in diesem Sinne tätig zu werden.
Mit freundlichem Gruß
Werner Höner